Am Ende der 100-minütigen Reise durch acht Jahrhunderte sind die Besucher sprachlos. Das geistliche Kirchenkonzert zum Auftakt der 800-Jahr-Feier begeistert. Sänger und Musiker bieten einen regelrechten Ohrenschmaus.
"Ich finde es faszinierend, dass so ein Festjahr mit der intensiven Ruhe dieses heutigen Musikabends beginnt", freute sich Countertenor Franz Vitzthum. Die musikalische Zeitreise reichte vom Mittelalter bis zur Moderne. Schon der Einmarsch beim gregorianischen Choral "Puer natus in Bethlehem" ließ einen Gänsehautabend in der abgedunkelten Pfarrkirche St. Sebastian erahnen. Die Sängerinnen und Sänger des Chores "Tonart", in schwarz gekleidet, sangen im nur mit Kerzenlicht beleuchteten Gotteshaus abwechselnd den Choral. "Das Jubiläumsjahr wird sehr enthusiastisch gefeiert", meinte Pfarrer Marek Baron. Dieser Abend solle die Herzen öffnen. "Heimat ist, wo man singt und Musik macht", änderte Bürgermeister Josef Beimler den bekannten Spruch des unvergessenen Pfarrers Joseph Greil ab.
Als Uraufführung brachte Countertenor Franz Vitzthum zusammen mit Georg Schmidbauer an der Orgel das "Magnificat anima mea" des Waldthurner Komponisten Wolfgang-Caspar Printz, dessen 300. Todestag am 13. Oktober sein wird, zu Gehör.
Dabei verschmolzen der Gesangsprofi, der in vielen Konzertsälen in Deutschland und der Welt unterwegs ist, mit dem Orgelprofi aus Oberbernrieth zu einem perfekten musikalischen Miteinander. Unter dem Dirigat von Sarah Kellner zog "Tonart" beim "In dulci jubilo", begleitet von Dr. Marietta Kellner am Klavier, mit präzise und virtuos gespielten Geigen von Simone Puff und Christoph Pausch die Zuhörer in ihren Bann.
Junger Klarinettist
Chorleiter Stephan Striegl führte das Ensemble souverän beim "Es ist ein Rot entsprungen" von Michael Praetorius sowie "Jesus bleibet meine Freude" durch die anspruchsvollen Musikpassagen. Dabei bestach der gemischte Chor durch präzise Intonierung und gefühlvolle Harmonie in allen Tonlagen. Nicht schlecht staunten die mehr als 500 Zuhörer, als der Lennesriether Christoph Pausch und der 17-jährige Klarinettist Johannes Pflaum aus Waldthurn das "Duo Concertant Op. 16 Nr. 3 für Geige und Klarinetten in den Kirchenraum entsandten. Als harmonisches Duo, das sich musikalisch gesucht und gefunden hat, präsentierten sich Johannes Pflaum, der seit seinem 7. Lebensjahr Klarinette spielt und die Flosserin Klara Bäumler (Klavier) mit dem ersten Satz für Klarinette von Carl Stamitz, der Ballade von Niels Gade und der Arie von Eugene Joseph Bozza.
Dass der Markt Waldthurn über ein unglaubliches Potenzial an Sängern und Musikern verfügt, zeigte sich, als die Zuhörer in die Epoche Barock entführt wurden. Der 20-jährige Trompeter Felix Griesbach präsentierte zusammen mit Pflaum an der Klarinette und Bäumler am Klavier sein virtuoses Vermögen.
Die Sopranistin Sarah Kellner ist eine Könnerin ihres Fachs. Beim "Veni Jesu" füllte sie mit ihrer Stimme das weite Areal des modernen Gotteshauses. Dabei begleitete sie ihre Schwester Marietta an der Orgel sowie der professionelle Geiger Christoph Pausch. Bei seinen zahlreichen Einsätzen ließ er sich, ob auf der Empore oder im Altarraum, nie aus seinem musikalischen Gleichgewicht bringen.
In allen Tonlagen
Vitzthum bildete bei Bachs "Jauchzet, frohlocket" zusammen mit Pausch (Geige) und Klara Bäumler an der Orgel ein überragendes Trio. Durch seine durch Brustresonanz verstärkte Kopfstimme imponierte Vitzthum in allen Tonlagen. Der Profisänger, dessen Wurzeln in Lennesrieth bei Waldthurn liegen, zeigte dies auch bei der "Ode for the Birthday of Queen Anne" zusammen mit Bäumler und dem Trompetensolisten Felix Griesbach. Einen besonderen Moment erlebten die Zuhörer beim Schlusslied "Look at the world" von John Tutter - eine bemerkenswerte Symbiose von allen Solisten, "Tonart", Countertenor Franz Vitzthum unter der Klavierbegleitung von Bernhard Schmidhuber.
Mit dem gemeinsamen "O du fröhliche" entließen der von Stephan Striegl geführte und vorbereitete Chor "Tonart" sowie alle beteiligten Musiker die stehend applaudierenden Zuhörer in die Stille der Nacht. Allen Beteiligten war es gelungen, ihr Publikum ins Reich der besinnlichen Klänge zu entführen und die vielen verschiedenen Facetten ihres Könnens zu präsentieren. Der Erlös geht an die Aktion "Lichtblicke".